Bei Thomas von Aquin gibt es eine interessante Überlegung zur Veränderung von Gesetzen und Vorschriften, die auch heute aktuell ist, sowohl im Staat als auch in der Kirche als auch in einer Gemeinschaft wie der unsrigen. Thomas sagt, man soll ein Gesetz nur dann verändern, wenn der Gewinn der Neufassung des Gesetzes so groß ist, dass er den Nachteil, der mit jeder Veränderung verbunden ist, aufwiegt. Was ist dieser Nachteil? Nach Thomas die schwächere Geltung von Gesetzen insgesamt, die entsteht, wenn man Gesetze zu oft und ohne dringenden Grund ändert. Für „öfter mal etwas Neues“ oder den Wunsch, alles ständig auf den neuesten Stand zu bringen, hätte Thomas wohl kein Verständnis. Ein Zitat aus der Summa des heiligen Thomas:
„Ein Gesetz wird dann zu Recht verändert, wenn durch diese Änderung ein Nutzen für das Allgemeinwohl entsteht. Eine solche Änderung eines Gesetzes ist aber immer schon in sich auch ein Schaden für das Gemeinwohl, weil zur Beachtung von Gesetzen die Gewohnheit sehr viel beiträgt... Wenn also das Gesetz geändert wird, vermindert sich die antreibende Gewalt des Gesetzes, weil die Gewohnheit wegfällt. Daher darf ein menschliches Gesetz nur dann geändert werden, wenn das Gemeinwohl deutlich mehr Gewinn als Schaden aus der Änderung erfährt“ (Sth Iª-IIae q. 97 a. 2).