Blog von Schwester Christiana
Manchmal wird mir plötzlich klar, wie naiv mein Gottesbild trotz aller Beschäftigung mit Theologie ist. Jetzt schauen wir Gott in Bildern und Gleichnissen, dann werden wir ihn schauen, wie er ist. Das ist sicher richtig, aber wie ist Gott? Die Antwort kann nur lauten: Größer und unbegreiflicher, als wir in diesem Leben wissen. Ihn schauen, wie er ist, wird nicht bedeuten, ihn zu erfassen, sondern im Gegenteil endlich alle Bilder loszulassen, die ihn klein machen.
Besuch der alten Synagoge in Essen. Die jüdische Führerin ist sympathisch, intelligent und engagiert. Sie stellt uns das Judentum als eine liberale Religion vor, in der jeder selbst entscheidet, welche überkommenen Bräuche er für sich sinnvoll findet. Alles sei Menschenwerk und könne daher auch von Menschen verändert werden, es müsse sogar ständig verändert werden, denn eine Religion, die nicht mit der Zeit geht, habe keine Zukunft. Die Frau ist so liberal, dass sie im Grunde schon Atheistin ist. Ihre Argumentation ähnelt dem, was zur Zeit auch viele Katholiken wollen, aber ich bin überzeugt, dass sie Unrecht hat. Das Judentum überlebte durch seine Treue zur Tora und das Christentum wird in der Liebe zu Jesus Christus eine Zukunft haben. Auch zu dieser Liebe gehört die Bereitschaft, sein Wort dem eigenen begrenzten Denken vorzuziehen.
Zum Propheten Amos spricht Gott: Ich ließ euch hungern, brachte über euch Krieg und Seuchen und trotzdem seid ihr nicht zu mir umgekehrt (vgl. Am 4,6-13).
Gott erwartet, dass Leid uns zum Nachdenken und zur Umkehr führt, wir aber sagen trotzig: Wenn du so mit uns umgehst, glauben wir erst recht nicht an dich. Für uns ist alles Schreckliche, das geschieht, auch wenn wir selbst daran schuld sind, ein Grund den Glauben aufzukündigen.
Ich glaube, manchmal steht selbst Gott ratlos vor unserer Verbohrtheit…
Nachtrag zu meinem jungen Iraner, aber auch zu Gesprächen mit jungen Christen: Man ist nie die einzige Lehrerin, YouTube und die Social Media reden immer mit, das macht es oft sehr kompliziert.
Im Moment führe ich Gespräche mit einem jungen Iraner (20), in denen es um alle möglichen Fragen geht, auch um den christlichen Glauben, den er verstehen möchte. Immer wieder die Frage, was es im Christentum für Gebote und Verbote gibt. Was darf man essen und trinken, was nicht? Ich erkläre ihm, dass in unserem Glauben anderes wichtiger ist: Liebe, Beziehung, Freundschaft mit Jesus, Nachfolge. Nach dem Gespräch frage ich mich allerdings, ob ich den Glauben nicht unzulässig vereinfacht habe, à la „liebe und tu, was du willst“. Oder anders gefragt: Stelle ich das Christentum als eine Religion dar, die verglichen mit dem Islam weniger fordert? Eigentlich will ich das Gegenteil sagen, aber was hört er?
Da ich einen kleinen Unfall hatte (nichts Schlimmes!) und nicht gut schreiben kann, muss ich diesen Blog für eine gewisse Zeit unterbrechen.