Blog von Äbtissin Christiana Reemts

Wir sind schon viele Jahre mit zwei Klöstern in Schweden eng verbunden und damit indirekt auch mit der Kirche in Skandinavien insgesamt. Gestern schickte mir jemand den Hirtenbrief der skandinavischen Bischöfe, den ich so gut und ausgewogen fand, dass ich ihn hier anhängen möchte.
 
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Mariä Verkündigung

Ich hab den Amseln
heute Abend zugehört.

Betört vom Glück
der frühlingsnahen
Stunde,
vollendete ihr Lied
den Tag,

an dem der Himmel
Grüße
mit der Erde tauschte

Und ihr befahl,
sich selbst zu über-
blühn.

(Hans Günter Saul)
Ein kleiner Baustein aus dem Seminar, von dem ich am Dienstag schrieb. Im Psalm heißt es: „Was nützt dir mein Blut, wenn ich zum Grab hinuntersteige? Kann Staub dich preisen, deine Treue verkünden?“ (Ps 30,10). Christus stellt diese Frage dem Vater, wenn er sieht, wie seine Kirche lebt. Dieser Gedanke findet sich bei Origenes, der angesichts der Sünden der Kirche, vor allem angesichts der Habgier ihrer Kleriker anmerkt: „So könnte Jesus über die Sünden in dem von ihm selbst erbauten lebendigen Heiligtum das Psalmwort ausrufen: 'Was hat mein Blut genützt?'“
Christus ist gekommen, um den Menschen, der Staub ist, umzuwandeln und zu einem himmlischen Wesen zu machen, das in der Lage ist, Gott zu preisen und seine Wahrheit zu verkünden. Aber angesichts der bleibenden Sündigkeit der Menschheit muss er sich fragen, ob sein Kommen überhaupt etwas gebracht hat.
Überraschenderweise sehen die Kirchenväter gerade in diesem Vers auch eine große Hoffnung. Der Vater hat das Gericht ganz dem Sohn übergeben (vgl. Joh 5,22), und dieser wird uns, für die er sich dargebracht hat, nicht verurteilen, sondern er wird sagen: „Was nützt mein Blut, wenn ich die verurteile, die ich selbst gerettet habe?“ und er wird uns, die wir zu seinem Leib gehören, nach dieser Überlegung freisprechen.
 
Diese Woche habe ich ein Seminar mit dem Thema: „Die Psalmen als Buch von Christus“.  Es geht darum, sich auch im Gebet in die Nachfolge Christi zu stellen, die Psalmen ihm sozusagen „nachzubeten“. Wahrscheinlich habe ich selbst am meisten von dieser Woche, denn durch die Vorbereitung wurde unser Chorgebet für mich mehr als je zuvor zu einem Hören: Ich höre ihn, wie er mit den Worten der Psalmen zum Vater spricht. Hoffentlich kann ich etwas davon vermitteln.
 
Bei unseren Mahlzeiten lesen wir zur Zeit: Martin Schleske, Der Klang. Vom unerhörten Sinn des Lebens. Martin Schleske ist von Beruf Geigenbauer, sein Buch ist sehr geistlich, im guten Sinn tiefreligiös, mit vielen Beispielen, die er der Musik und besonders dem Geigenbau entnimmt.
„Glaubenszweifel lassen uns manchmal fragen, warum wir Gott nicht erleben, doch es ist, als würden wir im Konzert fragen, warum wir den Geiger nicht hören, sondern nur die Geige, die er spielt. Erst wenn wir begreifen, dass wir Instrumente Gottes sind, werden wir den Klang hören. Wir hören Gott nicht „pur“, sondern einer durch den anderen. So sollen wir einander zu Instrumenten Gottes werden und lernen, den Klang zu intonieren, den unsere Berufung annehmen will“ (M. Schleske, ebd. 134).