Blog von Schwester Christiana
Von der Katholisch-Theologischen Fakultät Bonn kam vor einigen Tagen ein Spendenaufruf. Ich habe in Bonn studiert und bin der Fakultät daher innerlich verbunden; dieser Flyer aber macht mich ratlos. Eine katholische Fakultät wirbt um Spender und die Worte „Gott“, „Jesus Christus“ oder „Kirche“ kommen kein einziges Mal vor. Hingewiesen wird auf die wissenschaftliche und gesellschaftliche Relevanz der Fakultät, die Bearbeitung von innovativen Fragestellungen und auf den Forschungsschwerpunkt „Ambiguitäten - Identitäten - Sinnentwürfe“. Als Ordensschwester habe ich kein eigenes Geld, das ich spenden könnte, aber ich frage mich, welches Motiv jemand anders haben könnte, eine Fakultät zu unterstützen, deren Flyer so wenig spezifisch ist, dass es genauso gut der Flyer einer anderen Fakultät sein könnte. Sollte eine Katholisch-Theologische Fakultät nicht Menschen ausbilden, die verantwortlich von Gott sprechen können. Warum wirbt man damit nicht? Wir brauchen dringend solche Menschen.
Im Buch von Pascal Mercier, Das Gewicht der Worte, kommt der Gedanke vor, dass in Leben der Punkt kommen kann, wo man alles nur noch als Wiederholung empfindet und diese ewigen Wiederholungen gründlich satt hat. In letzter Zeit empfinde ich das oft, auch bei vielem, was ich lese. Nie aber, und darüber bin ich froh, bei der Heiligen Schrift, bei der Liturgie oder beim Gespräch mit Menschen. Manchmal denke ich an meinen Einkleidungsspruch: „Bei allem, was vollkommen ist, stieß ich auf Grenzen, doch dein Gebot ist unendliche Weite“ (Ps 119,96).
Tagungen ermüden mich sehr, aber ich habe gelernt, mich in den Pausen zu absentieren und auf unnötige Gespräche zu verzichten. Dann kann ich bei der Tagung selbst freundlich sein und mich einbringen, rede ich die Mittagspausen und Abende durch, bin ich hinterher nur noch leer und aggressiv. Gleichzeitig erlebe ich, dass Veranstaltungen in ganz anderer Weise sinnvoll sein können, als ich vorher ahnte, so wenn es jemanden gibt, der mich braucht, dem nur ich ein entscheidendes Wort sagen kann, oder auch umgekehrt, wenn mir etwas gesagt wird, was nur dieser Mensch mir sagen konnte. Gott kann einem überall begegnen, man darf ihm keine Bedingungen stellen.
Immer wieder begegne ich Menschen, oft auch Priestern, die Forderungen an die Kirche (Frauenpriestertum, Wiederverheiratung) stellen und diese im Brustton der Überzeugung mit historischen Argumenten begründen. Wenn ich die geschichtlichen Tatsachen richtig stelle, sieht mein Gesprächspartner oft sogar ein, dass ich recht habe, trotzdem weiß ich, dass er das falsche Argument bei nächster Gelegenheit wieder verwenden wird. Das empört mich. Man kann Neues in der Kirche einführen wollen, dafür kann es gute Gründe geben, aber zu behaupten, dieses Neue sei das Ursprüngliche, das nur vom Lehramt unterdrückt wurde, produziert religiöse Fake News. Oder traditionell gesagt: Lügen.
Wir beten im Vaterunser „Dein Wille geschehe“ und werden zugleich von Jesus gefragt: „Was willst du, das ich dir tun soll?“ (Mk10,51). Nur wenn ich wirklich weiß, was ich will, kann ich gehorchen, d.h. meinen Willen dem Willen Gottes unterordnen. Ganz gehorsam war nur Jesus, denn nur er war wirklich frei.
Doch viele Menschen - es ist hart, das zu sagen - wollen keine Freiheit, denn Freiheit bedeutet zu wählen und d.h. Verantwortung zu übernehmen. Freiheit ist verpflichtender als Unfreiheit, ja bindet in gewisser Weise mehr. Wer diese Bindung ablehnt, versteht unter Freiheit die Möglichkeit, in der jeweiligen Situation das zu tun, was gut, angenehm und erfüllend erscheint. Das aber ist Beliebigkeit, nicht Freiheit.
Auch für Getaufte gibt es nach wie vor den Angriff der „Mächte“. Als Christen sind wir ihnen aber nicht mehr schutzlos ausgeliefert, denn in Christus haben wir „Zugang zum Vater“; genau diesen Zugang wollen die Mächte blockieren. Taufe ist Herrschaftswechsel, Befreiung aus der Sklaverei des Bösen und Rückgabe der Entscheidungsfreiheit, die es unter der Sünde nicht gibt. Als getaufte Christen sind wir frei, wir können und müssen uns entscheiden. Die Erlösung gibt uns die Möglichkeit, das Gute zu tun, doch sie zwingt uns nicht dazu.