Blog von Schwester Christiana
Bei der Teilnahme an einer Familienmesse in Österreich sang ein Kinderchor, die Lieder fand ich etwas seicht, rosarote Liebeslieder gerichtet an Gott, ich fürchte, unser Glaube ist nicht nur intellektuell schwieriger, sondern auch existentiell anspruchsvoller. Dennoch war ich sehr berührt, denn wenn ich an meine Kindheit und Jugend denke: Ich habe viel über den Glauben gelernt, wofür ich dankbar bin, aber niemand hat mir beigebracht, Gott zu lieben und diese Liebe auch kindgerecht auszudrücken.
Auf der Rückfahrt von einer Reise ein Blick auf die Skyline von Frankfurt. So große Städte erscheinen mir wie ein Moloch, der seine Bewohner verschlingt. Andererseits kenne ich Menschen, die das pulsierende Leben und die vielen Möglichkeiten, die eine Stadt bietet, schätzen. Ich selbst brauche nicht so viel Neues, ich habe im Gegenteil oft das Gefühl, dass ich das Gegebene zu wenig durchdenke, zu schnell zum Nächsten übergehe (übergehen muss) und zu wenig kontemplativ lebe. In einer Stadt wie Frankfurt wäre ein geistliches Leben noch schwieriger, ich bewundere Menschen, denen es gelingt, dort konzentriert zu leben und sich nicht ablenken zu lassen.
Vor dem Kommunionempfang heißt es bei uns oft mit einem Wort des heiligen Augustinus: „Empfangt, was ihr seid, der Leib Christi und werdet, was ihr empfangt, der Leib Christi.“
Das kann man in zweierlei Richtungen verstehen, die beide einen guten Sinn haben. Einerseits als Aufforderung, sich durch den Empfang der Eucharistie neu als lebendiges Glied in die Kirche einfügen zu lassen, zu der wir durch die Taufe bereits grundsätzlich gehören.
Aber „Leib Christi“ ist auch der eucharistische Leib, in dem er sich bis ans Ende der Zeit unter uns alle verschenkt. Auch in diesem Sinn sollen wir uns in den Leib Christi eingliedern lassen und unser Leben in seiner Nachfolge zu einer Gabe machen, die an die anderen verschenkt wird.
In den Abschiedsreden sagt Jesus zu seinen Jüngern: „Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen“ (Joh 16,12). Dieser Satz hat mich gestern den ganzen Tag über begleitet. Das Evangelium, die frohe Botschaft, die Wahrheit, die Jesus selbst ist, ist nicht nur etwas Aufbauendes. Leichtes, Beschwingtes, sondern auch etwas, was getragen sein will. Die Jünger können es erst „tragen“, nachdem sie Zeugen von Tod und Auferstehung geworden sind und den Geist empfangen haben. Warum wundern wir uns da, dass so viele Menschen, die Botschaft (noch) nicht tragen können? In einem Seminar sagte vor einigen Tagen ein ständiger Diakon, er mache oft die Erfahrung, dass dieselbe Lesung die Zuhörer in zwei Gruppen spaltet: Die einen hören nur die Last, die sie nicht tragen können oder wollen, d.h. den moralischen Appell, während die anderen das an sie persönlich gerichtete Wort des Auferstandenen hören und sich darüber freuen.
Der Gott, an den wir Christen glauben, ist ein dreifaltiger Gott. Das bedeutet, dass er in sich alles ist: Einheit und Vielheit, nichts bedürfende Vollkommenheit und liebende Gemeinschaft. Es bedeutet auch, dass Gott uns Menschen nicht braucht, wir sind nicht geschaffen, damit Gott ein Gegenüber hat, das er lieben kann, ihm würde nichts fehlen, wenn es uns - wenn es mich - nicht gäbe. Gott ist in sich Liebe, er ist in sich vollkommene Gemeinschaft. Und dennoch wollte er, dass wir sind, aus völlig freier Liebe wollte er Mitliebende haben, weil Liebe immer will, dass ihre Freude überströmt.
Eine ältere Mitschwester warf mir neulich vor, dass ich nicht ernsthaft davon ausgehe, dass noch junge Schwestern kommen. Zum Teil stimmt das.
Ich selbst bin auch nach vielen Jahren ganz und gar erfüllt von der monastischen Lebensweise und habe nie bereut, in Mariendonk eingetreten zu sein. Auch an den heutigen jungen Menschen habe ich meine Freude, sie werden ihren Weg gehen, auch wenn er mir vielleicht in manchem fremd ist. Aber die Kirche setzt zur Zeit auf Meditation, Anbetung, Lobpreis, auf Freiheit, Selbstbestimmung und ganz individuelle Formen von Spiritualität. Dazu ist unsere Lebensform das absolute Kontrastprogramm: Stundengebet, Eucharistiefeier, Schriftlesung, Leben in Gemeinschaft, zu dem Keuschheit, Armut und Gehorsam gehören. Das alles ist schwer vermittelbar, vielleicht noch als Wert, aber kaum mehr als tägliche Freude. Trotzdem wird das monastische Leben nicht verschwinden, aber es wird sehr viel weniger sichtbar sein.