Blog von Schwester Christiana
Lesetipp: Abigail Favale, The Genesis of Gender. A Christian Theory (2022). Favale war Professorin für Gender Theories an einer amerikanischen Universität. Nach ihrer Konversion zur katholischen Kirche und der Geburt ihrer Kinder kamen ihr immer mehr Zweifel, ob sie das, was sie ihren Studenten und Studentinnen beibrachte, wirklich verantworten konnte. Nicht nur weil es mit ihrem Glauben an einen Schöpfergott nicht zu vereinbaren war, sondern auch weil sie auf einmal wahrnahm, wie viele Widersprüche es in den Theorien gab, die sie lehrte.
Das Buch ist für nächstes Jahr von Herder angekündigt, wobei ich mir kaum vorstellen kann, dass es wirklich erscheinen wird, zu weit ist es vom Mainstream - auch dem kirchlichen - entfernt. Ich finde es sehr lohnend, gerade weil Favale nicht eifernd auf ihrer Meinung besteht, sondern sich immer wieder auch Einwände macht und fremde Stimmen zu Wort kommen lässt.
Am Mittwoch hörten wir einen Vortrag über C.S. Lewis. Was zeichnet diesen Denker aus? Vor allem seine Radikalität im Durchdenken seiner eigenen weltanschaulichen Überzeugungen und seine Offenheit für neue Erfahrungen bis dahin, dass er den Mut hat wahrzunehmen, wo er in eine Sackgasse geraten ist. Viele Jahre schreckte Lewis vor der Annahme eines persönlichen Gottes zurück, weil er befürchtete, dass dieser ihm die Autonomie rauben würde. Er wollte keinen Gott, der sich in sein Leben einmischt und möglicherweise etwas von ihm verlangt, was er selbst nicht wollte. Doch dann kam er zu der Überzeugung: „We are not born to be free, but to obey und to adore.“
Wer sich näher mit dem Thema beschäftigen will: Norbert Feinendegen, der uns den Vortrag hielt, hat ein sehr lesenswertes, allerdings nicht ganz einfaches Buch geschrieben: „Überrascht von Gott. Wie der große christliche Denker zum Glauben fand“ (Lüdenscheid 2023).
Die Lesungen aus dem Evangelium beginnen im Gottesdienst meistens mit der hinzugesetzten Einleitung: „in jener Zeit“. Das scheint mir nicht sehr glücklich zu sein,, denn dadurch werden die Taten und Worte Jesu in die Vergangenheit gerückt und machen ihn zu einem verstorbenen Weisheitslehrer. Er ist aber lebendig!
In der katholischen Kirche wurden die Gläubigen viele Jahrhunderte vom Lesen der Bibel abgehalten. Als das nicht mehr der Fall war, kamen im 20. Jh. die historischen Methoden, die bei vielen den Eindruck erweckten, die Bibel sei ein extrem schwieriges Buch und für einen Laien überhaupt nicht zu verstehen. Doch das ist falsch! Die Bibel ist Wort Gottes und richtet sich an jeden Menschen, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Bildungsstand. Christus spricht durch sie zu seiner Kirche und zu jedem einzelnen in ihr. Wer anklopft, dem wird sich die Schrift öffnen, wer sucht, wird Christus in ihr finden. Wie aber sucht man? Durch lesen und weiter lesen und noch mehr lesen, denn die Bibel erklärt sich selbst, je mehr man von ihr aufnimmt, umso mehr versteht man.
Manchmal kommt mir die Kirche wie eine Königin vor, die wundervollen Schmuck besitzt, aber überlegt, das meiste zu verkaufen oder wegzuwerfen mit der Begründung: „Das trägt man heute nicht mehr.“