Blog von Schwester Christiana
2011 habe ich ein Buch mit dem Titel „Tagebuch März 2024 bis April 2025" veröffentlicht. Es waren kurze Texte, ähnlich wie die jetzigen Blogartikel, keineswegs als Prophezeiungen gemeint, sondern deshalb in die Zukunft projiziert, damit niemand meinte, es sei mein aktuelles Tagebuch. Doch jetzt haben wir 2024 und die Bischöfliche Akademie in Aachen bietet jeden Monat ein kostenloses Zoom-Gespräch mit Texten aus diesem Tagebuch an, an dem ich auch, wenn ich kann, teilnehme. Wenn jemand mal Lust hat: Das nächste Gespräch ist am Freitag um 19 Uhr mit den Texten vom November
Die katholische Kirche feiert heute das Fest „Christkönig“. Es ist ein relativ junges Fest (1925 eingeführt) und man kann sich darüber streiten, ob die Kirche solche Themenfeste braucht. Zu diesem Streit will ich nichts sagen, es gibt dieses Fest und gerade heute kann es uns Trost und Hoffnung spenden.
Trump, Putin, Netanjahu sind Politiker, die Macht haben und sie auf keinen Fall abgeben wollen, sie zelebrieren diese Macht mit goldenen Wasserhähnen, wechselnden Frauen und schlossartigen Häusern. In kleinerem Maßstab, aber ähnlich furchtbar, handelt der Täter in dem unsäglichen französischen Missbrauchsprozess: er genießt seine Macht und macht als Zeichen seines Triumphes Fotos aller Taten.
Dagegen setzen wir Christen einen König, der sich aus Liebe kreuzigen lässt...
Ich stelle immer wieder fest, dass vielen Menschen Gedenktage sehr wichtig sind, oft im positiven Sinn als Erinnerung an schöne Erlebnisse, manchmal aber auch im negativen Sinn, dass jedes Jahr an bestimmten Tagen die Erinnerung an schlimme Dinge wieder hochkommt. Mir persönlich sind Gedenktage, selbst mein Geburtstag, sehr fremd, es erschließt sich mir einfach nicht, warum ich alle 365 Tage an etwas denken soll. Meine verstorbenen Eltern sind mir wichtig, ich denke oft an sie und bete für sie, aber das Datum ihres Todestages spielt für mich keine Rolle.
Ich weiß aber, dass das Zeitempfinden legitimerweise verschieden sein kann und es durchaus eine Form ist, immer wieder für Menschen zu beten, indem man sich an bestimmte Jahrestage erinnert. Trotzdem meine ich und möchte das vor allem denen sagen, die ganz Schlimmes erlebt haben: Die Geschichte ist kein Kreislauf, sondern ein Strahl, es geht in die Zukunft, auf die Wiederkunft Christi zu.
Das gestrige Evangelium - die Heilung eines Blinden vor Jericho - lädt dazu ein, die Worte des Blinden als eigene Worte nachzusprechen: „Herr, ich möchte sehen können.“ Sehr oft schaue ich in die Welt und sehe vor allem Streit, Unglück, Zerstörung und Sinnlosigkeit. Es ist manchmal schwer, bei all dem nicht die Hoffnung und den Glauben zu verlieren. Ich kann wie der Blinde Jesus nur immer wieder bitten, mir ein Sehen zu schenken, das nicht an der Oberfläche bleibt, sondern zu Lobpreis und Nachfolge führt. Nicht indem ich über das Schreckliche der Welt die rosarote Soße einer Pseudofrömmigkeit auskippe, sondern im Vertrauen auf das Wort, dass Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen wird, wozu gehört, dass er den Opfern Gerechtigkeit verschafft (vgl. 2Petr 3,13; Off 6,10; 21,1).
Das heutige Evangelium wird in der Einheitsübersetzung so wiedergegeben: „Wo ein Leichnam ist, da sammeln sich auch die Geier“ (Lk 17,37). In der frühen Kirche las man den Text etwas anders: „Wo immer ein Leib ist, da sammeln sich die Adler“. Gregor der Große erklärt: „Wo unser Erlöser sich dem Leib nach befindet, dort versammeln sich ohne Zweifel die Seelen der Gerechten“ (Dialoge 4,25) und der Syrer Ephräm sagt: „Wie sich die Adler versammeln und sich emporschwingen zu den Höhen des Himmels... so auch wir, die wir in den Adlern versinnbildet sind und unser Herr in dem Leib“ (Ephräm, Erklärung des Evangeliums 3,11).
Von der Katholisch-Theologischen Fakultät Bonn kam vor einigen Tagen ein Spendenaufruf. Ich habe in Bonn studiert und bin der Fakultät daher innerlich verbunden; dieser Flyer aber macht mich ratlos. Eine katholische Fakultät wirbt um Spender und die Worte „Gott“, „Jesus Christus“ oder „Kirche“ kommen kein einziges Mal vor. Hingewiesen wird auf die wissenschaftliche und gesellschaftliche Relevanz der Fakultät, die Bearbeitung von innovativen Fragestellungen und auf den Forschungsschwerpunkt „Ambiguitäten - Identitäten - Sinnentwürfe“. Als Ordensschwester habe ich kein eigenes Geld, das ich spenden könnte, aber ich frage mich, welches Motiv jemand anders haben könnte, eine Fakultät zu unterstützen, deren Flyer so wenig spezifisch ist, dass es genauso gut der Flyer einer anderen Fakultät sein könnte. Sollte eine Katholisch-Theologische Fakultät nicht Menschen ausbilden, die verantwortlich von Gott sprechen können. Warum wirbt man damit nicht? Wir brauchen dringend solche Menschen.