Blog von Schwester Christiana
Was verstehe ich unter Heiligkeit? Wer oder was ist heilig? Was ist ein heiliger Ort? Diese Frage beschäftigt mich, seit eine Mitschwester einige Tage in München verbrachte und in ihrer freien Zeit ausgerechnet Dachau besuchen wollte. Spontan dachte ich: Muss das sein? Es gibt in München so viel zu sehen, warum schaut sie sich nicht lieber die Frauenkirche an? Aber als sie zurückkam und erzählte, wurde mir klar, dass sie Dachau nicht primär als Ort des Schreckens besucht hat, sondern als Ort, der heilig ist, weil an ihm ganz viele Märtyrer gestorben sind. Ich glaube, sie hat Recht und meine eigene Vorstellung von Heiligkeit ist manchmal zu sehr mit einem Goldrahmen versehen.
Wir sprachen neulich in der Gemeinschaft über die Aufarbeitung der Corona-Pandemie. Dazu gab es sehr unterschiedliche Meinungen, von „unbedingt nötig“ bis „die nächste Pandemie ist sowieso ganz anders“. Ich selbst stehe Aufarbeitungsprozessen eher skeptisch gegenüber. Es wäre schön, wenn wir aus der Geschichte etwas lernen könnten, aber das Problem scheint mir zu sein, dass es keine Gegenprobe gibt à la „wäre ohne Lockdown alles besser gelaufen?“ Wenn man auf Masken und Lockdown verzichtet hätte und es hätte viel mehr Tote gegeben, würde man jetzt auch „aufarbeiten“. Aber die Corona-Pandemie ist nur ein Beispiel, ähnliche Fragen gibt es viele, auch im privaten Leben: Hätten sich die Dinge besser entwickelt, wenn ich damals x oder y getan oder nicht getan hätte?
Ich glaube, wichtiger als zurückzuschauen (außer wenn es um Sünde geht, die sollte man wahrnehmen und bereuen!), ist es, sich zu fragen: Wie kann ich mehr lieben? Wie den anderen radikaler dienen? Wie kann ich klarer hören, was Jesus von mir will und die Kraft finden, es auch zu tun? Oder mit Peter Kreeft gefragt: How to be holy?
„Das Gute ist gut, weil es gut ist, und nicht, weil wir es für gut halten“ (N.N.).
Eine alte Oration, die wir in den Tagen nach dem Sonntag des Guten Hirten jeden Morgen in der Matutin beten: "Gib, Herr, wir bitten dich, deiner Kirche Frieden mit ihrer Leitung, damit wir uns freuen über die Würde und das Vorbild der Hirten und deine Gnade ihnen die rechte Klugheit und uns den echten Gehorsam verleiht. Durch Christus, unseren Herrn."
„Die Atheismus hat keine Zukunft. Er kommt nicht über den Tod hinaus“ (N.N.).
Beim Lesen der Tageszeitung frage ich mich immer mehr, ob die Politiker, die die Welt leiten, eigentlich alle verrückt geworden sind. Ich empfinde das, was wir zur Zeit erleben, als zutiefst falsch, krank, unnormal. Allerdings muss ich mich fragen, was ich unter „normal“ verstehe. Fast 80 Jahre Wohlstand und Frieden wie wir es in Europa erlebt haben - 80 oder mehr gesunde Jahre für den Einzelnen? Ist das normal? Spontan empfinde ich es so und bin betroffen, wenn ich von schwerer Krankheit, Hunger oder Krieg höre. Dieses spontane Empfinden, das sicher die meisten Menschen mit mir teilen, zeigt, dass wir unabhängig von unserem Glauben ein Gespür dafür haben, wie die Welt eigentlich sein sollte. Aber statistisch gesehen waren zu allen Zeiten und sind auch in der Gegenwart Krieg und Krankheit das „Normale“. Das zeigt uns, dass die Welt Erlösung braucht, egal ob die Mehrzahl der Menschen das weiß oder nicht. Danken wir dafür, wenn wir vor Leid und damit Versuchung bewahrt bleiben, aber erwarten wir nicht, dass das immer so bleiben wird. Und auch das scheint mir wichtig: Auch eine reiche, friedliche Welt braucht Erlösung und hat oft große Mühe, diese Tatsache zu erkennen.