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Blog von Schwester Christiana

09. Juni 2024

Ich neige nicht zu mystischen Erlebnissen, manchmal aber erlebe ich dennoch, dass mir fast blitzartig etwas deutlich wird, nicht intellektuell, sondern so ganzheitlich-existentiell, dass ich erschrecke. Das geschah vor einigen Tagen bei der Einleitung zum Sanctus, wo es über die Engel heißt: „.... nie endet ihr Lobgesang.“ 
Entweder gibt es den Gott, an den ich glaube, in seiner ganzen Liebe und Herrlichkeit, dann ist die Schöpfung von Begeisterung, Jubel und Zuversicht erfüllt (und nur wir Menschen sind oft taub und blind) oder es gibt nichts als ein kaltes Weltall, in dem unsere Erde als Lichtpunkt für kurze Zeit aufflackert, ohne dass es jemanden gibt, den das interessiert.

08. Juni 2024

Männer und Frauen sind verschieden und erst wenn das wirklich gesehen und als Wert, der eine Gesellschaft bereichert, angenommen wird, können wir Fortschritte machen. So ist z.B. Krieg fast vollständig eine Männersache. Wenn man das Geschlechterverhältnis der Entscheider in Russland, der Ukraine, in Israel und den Palästinensergebieten umkehren würde, wenn es also im Wesentlichen Frauen wäre, die die Befehle geben, sähe manches anders aus. Nicht weil Frauen bessere Menschen sind, noch nicht einmal weil sie weniger aggressiv sind, sondern einfach weil sie anders sind und anderes sehen als Männer. 
Ich fürchte, das ist eine ziemlich unpopuläre Ansicht.

06. Juni 2024

Im Alltag erlebe ich nach wie vor viele Formen der Benachteiligung von Frauen. Männer drängen Frauen beiseite, hören ihnen weniger zu als anderen Männern und finden es selbstverständlich, dass Frauen die Arbeiten im Hintergrund machen. Alles nicht böse gemeint... Natürlich gibt es auch Frauen, die sich durchsetzen können und akzeptiert werden, aber meistens nur, wenn sie wie Männer agieren. Und das bestätigt im Grunde meinen ersten Satz. 

31. Mai 2024

Immer wieder wird mir von wohlmeinenden Mitschwestern erklärt, dass man dies und das (vor allem am Computer) praktischer machen könnte. Manches lasse ich mir zeigen, bei vielem aber bedanke ich mich freundlich und tue es nicht. Praktischer heißt in der Regel schneller, effizienter, ohne Routinearbeiten. Aber will ich das? Ich merke immer mehr, dass ich eher verlangsamen muss, dass ich Routinearbeiten brauche, um meinen Gedanken die Chance zu geben, hier und dorthin zu wandern, dass ich hinschauen und die Dinge in Ruhe bedenken will, nicht nur Worte produzieren. Oft schreibe ich sogar noch mit der Hand, wenn ich wirklich kreativ sein will... Oder ich schaue einfach aus dem Fenster... Nein, ich möchte nicht immer schneller werden.

29. Mai 2024

Gestern war ich mit zwei Mitschwestern im nahen Freilichtmuseum „Dorenburg“ in der Ausstellung „Leben und Tod“. In dieser Ausstellung wurde der Umgang mit Tod und Sterben in den letzten beiden Jahrhunderten dokumentiert. Uns fiel auf, dass der christliche Glaube nur noch in der Vergangenheit vorkam: „Früher glaubte man...“ Das macht traurig, aber nicht weil diese Ansicht richtig ist, sondern weil sich darin zeigt, wie schwer es im Moment ist, dem Glauben an Jesus Christus in der Öffentlichkeit noch eine Stimme zu verleihen.

26. Mai 2024

Menschen erwarten von mir als Nonne, dass ich weiß, wer Gott ist. Aber je älter ich werde, umso größer, geheimnisvoller, und in gewisser Weise fremder wird mir Gott. Der „liebe Gott“ verschwindet immer mehr… Manchmal fragt man mich, zu wem ich bete, und erwartet, dass ich sage: „zum Vater“ oder „zu Jesus“ oder „zu Gottes Geist“. Tatsächlich aber bete ich zum dreifaltigen Gott, der für mich unvorstellbar ist, denn ich bete ja nicht zu einer Gruppe von Göttern, sondern zu ihm, dem einen Gott, der so lebendig ist, dass er in sich Liebe und Beziehung ist. Das sprengt meine Vorstellungskraft und so ist gerade die Dreifaltigkeit Gottes der Punkt, wo die biblische Weisung, sich kein Bild von Gott zu machen, konkret wird. Gott ist dreifaltig, heißt: Gott ist vollkommen, er braucht nichts von außen, denn das Wichtigste, was es gibt, die Liebe, hat er in sich. Dieses Mysterium bete ich an, wenn ich zu Gott bete, und zugleich danke ich - auch das, ohne es wirklich zu verstehen -, dass er, der uns nicht braucht, uns dennoch liebt.