Blog von Schwester Christiana
Der Begriff „Fastenzeit“ führt in die Irre, denn es geht nicht um weniger, sondern um mehr, vor allem geht es darum, sich mit Freude auf das Osterfest vorzubereiten. Das christliche Zeitverständnis ist seinem Wesen nach linear, d.h. geschichtlich, es gibt keine ewige Wiederkehr des gleichen, sondern jeder von uns hat sein einmaliges Leben. Auch in der Geschichte wiederholt sich nichts; das Volk Israel ist nur einmal aus Ägypten ausgezogen, und auch Christus hat ein für allemal am Kreuz gelitten und ist dann zum Vater aufgestiegen. Zugleich gibt es aber die natürliche Zeit, das Jahr und den Monat, und damit auch ein zyklisches Element in unserem Zeitverständnis, das uns hilft, die geschichtlichen Ereignisse immer wieder an besonderen Tagen herausgehoben zu feiern. Doch in Wahrheit ist immer Ostern, denn in jeder Messe begehen wir Tod und Auferstehung Jesu Christi und werden von ihm vor den Vater gebracht. Doch wie der Begriff „Fastenzeit“ die Vorstellung von Verzicht und Mangel hervorruft, so ist für uns ein „Opfer“ etwas Hartes und Schweres, der Begriff „Opfer“ kommt aber vom lateinische Wort „offere“ - hinauftragen: Christus ist der Hohepriester, der die ganze Welt zu Gott hinaufträgt, und die Zeit vor Ostern sollte eine Zeit sein, in der wir neu und bewusst dafür danken. Dann wird es eine gute Zeit.
Ein Politiker muss nach Platon vor allem ein charakterlich guter Mensch sein. Die Sophisten halten dagegen alles für relativ, auch gut und böse. Leider haben sie meistens die Macht.
„Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran!“ sagt Jesus. Vielleicht ist das die größte Sünde, die unsere Gesellschaft begeht: Die Kinder daran zu hindern zu Jesus zu kommen.
Es gibt eine Langeweile, die ich manchmal spüre und die vielleicht für ältere Menschen typisch ist. Sie besteht nicht darin, dass man sich fragt, was man tun könnte, im Gegenteil, es gibt genug zu tun und dieses Tun macht durchaus auch Freude, aber bei allem läuft das Gefühl mit, es schon hundertmal erlebt zu haben. Das Einzige, was ich zu meinem eigenen Erstaunen nie langweilig finde, ist die Messe. Erstaunen deshalb, weil sie ja tatsächlich äußerlich immer gleich abläuft. Doch in der Begegnung mit Christus und im Hineingenommen-Werden in seinen Weg zum Vater ist sie täglich neu. Ich selbst bin nicht immer innerlich anwesend, oft leider sogar sehr abwesend, aber das ist etwas anderes, das Geschehen selbst ist immer neu.
Wir schauen besorgt nach Rom, wo Papst Franziskus mit einer Lungenentzündung im Krankenhaus liegt. Jesus sagt im Evangelium des Festes „Kathedra Petri“, das wir am Samstag gefeiert haben: „Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen“ (Mt 16,18). An diese Trostbotschaft halte ich mich bei allem Bösen, was es im Inneren der Kirche gibt und was von außen an sie herandrängt: Sie wird nicht untergehen. Allerdings sagt dieses Evangelium auch, dass die Pforten der Unterwelt die Überwältigung immer neu versuchen werden. Kirche siedelt nahe an den Pforten der Unterwelt, vielleicht näher als all die, die das Böse zu ignorieren suchen. Wenn es die Kirche nicht gäbe, wäre die Welt sehr dunkel!
- Ich habe einen Roman von Isaak B. Singer gelesen, der das jüdische Leben in Polen vor dem Einmarsch der Deutschen beschreibt. Sehr gut, dieses Buch kann ich dir nur empfehlen.
- Möchte ich nicht lesen, ich kann Juden nicht leiden.
- Wie bitte, was soll denn das heißen?
- Ich finde Juden geldgierig und arrogant, das hat schon meine Mutter gesagt.
- Aber du kennst doch gar keine Juden.
- Das nicht, aber es wird schon stimmen.
Nach solchen Gesprächen bin ich fassungslos, weil ich nicht wusste, wie verbreitet ein völlig unreflektierter Antisemitismus in Deutschland ist - auch unter Priestern und Ordensleuten, auch unter Nicht-AFD-Wählern. Und wie völlig unbeeindruckbar von Argumenten.
Solche Gespräche tun mir weh, denn von meinem Glauben her ist das jüdische Volk so etwas wie der Adel der Menschheit, das auserwählte Volk, dem Jesus, seine Mutter und die Apostel entstammten. Wir Christen aus den Heiden sind nur Dazugekommene. Ich jedenfalls wäre stolz, wenn ich jüdische Vorfahren hätte.