Blog von Schwester Christiana
Advent - Zeit der Erwartung 1
Wir warten vor roten Ampeln, beim Schlangestehen, am Telefon. Obgleich wir häufig warten müssen, lehnen wir es ab und tun es hektisch, ungeduldig und ruhelos. Daher die paradoxe Aufforderung: „Wart' mal schnell!“ Warten erscheint uns als „vertane Zeit“.
Doch es gibt auch schöne Formen des Wartens: Warten, dass etwas wächst, Warten, dass ein Kind seine Fähigkeiten entwickelt. Warten auf ein großes Fest wie jetzt im Advent.
Wartend sind wir von dem, worauf wir warten, abhängig. Nicht wir beenden das Warten, sondern das Ereignis, auf das wir gewartet haben. Das Ereignis „tritt ein“: Es ist etwas, das geschieht und uns widerfährt, was wir durch unser Zutun nicht beeinflussen können.
Das Warten im Advent hat ein Ziel. Wir warten auf das Fest der Geburt Jesu Christi, das so groß ist, dass wir uns wochenlang einstimmen und vorfreuen. Weihnachten „überschattet“ den Advent und macht ihn für Christen zu einer erfüllten Zeit - gerade im Warten.
In der Offenbarung gibt es einen schönen Text, der die kommende Welt beschreibt: „Ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, auch das Meer ist nicht mehr. Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat. Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen“ (Off 21,1-4). In der Folge wird gesagt, wer keinen Zutritt hat: „Die Feiglinge und Treulosen, die Befleckten, die Mörder und Unzüchtigen, die Zauberer, Götzendiener und alle Lügner“ (Off 21,8), eine Aufzählung, bei der mich der erste Begriff irritiert. Ist es denn so schlimm, ein Feigling zu sein, ist Feigheit nicht nur eine Schwäche, aber keine Sünde?
Schauen wir in die Bibel. Der Begriff kommt im Mund Jesu als Vorwurf vor: „Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?“ (Mk 4,40). Hier steht nicht das normale griechische Wort für Angst, sondern ein Adjektiv, das furchtsam, verzagt, feige meint, daher könnte man auch übersetzen: „Was seid ihr so verflixt feige?“ In den Abschiedsreden verwendet Jesus dieses Wort, um zu sagen, wie seine Jünger nicht sein sollen: Nicht feige und verzagt, sondern tapfer und voll Vertrauen: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht (werde nicht feige)“ (Joh 14,27). Denn „Gott hat uns nicht einen Geist der Feigheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ (2Tim 1,7). Damit wird klar, dass es bei dem harten Wort der Offenbarung nicht um menschliche Schwäche geht, sondern um etwas viel Ernsteres, um Unglauben, Weigerung den Frieden Christi in das eigene Herz zu lassen und Widerstand gegen den Heiligen Geist. Das alles ist furchtbar und ich kann nur hoffen und beten, dass mein Herz offen bleibt für Gott. Die Frage: „Was bist du so verflixt feige? Hast du keinen Glauben?“ muss ich mir aber immer wieder stellen lassen.
2011 habe ich ein Buch mit dem Titel „Tagebuch März 2024 bis April 2025" veröffentlicht. Es waren kurze Texte, ähnlich wie die jetzigen Blogartikel, keineswegs als Prophezeiungen gemeint, sondern deshalb in die Zukunft projiziert, damit niemand meinte, es sei mein aktuelles Tagebuch. Doch jetzt haben wir 2024 und die Bischöfliche Akademie in Aachen bietet jeden Monat ein kostenloses Zoom-Gespräch mit Texten aus diesem Tagebuch an, an dem ich auch, wenn ich kann, teilnehme. Wenn jemand mal Lust hat: Das nächste Gespräch ist am Freitag um 19 Uhr mit den Texten vom November
Die katholische Kirche feiert heute das Fest „Christkönig“. Es ist ein relativ junges Fest (1925 eingeführt) und man kann sich darüber streiten, ob die Kirche solche Themenfeste braucht. Zu diesem Streit will ich nichts sagen, es gibt dieses Fest und gerade heute kann es uns Trost und Hoffnung spenden.
Trump, Putin, Netanjahu sind Politiker, die Macht haben und sie auf keinen Fall abgeben wollen, sie zelebrieren diese Macht mit goldenen Wasserhähnen, wechselnden Frauen und schlossartigen Häusern. In kleinerem Maßstab, aber ähnlich furchtbar, handelt der Täter in dem unsäglichen französischen Missbrauchsprozess: er genießt seine Macht und macht als Zeichen seines Triumphes Fotos aller Taten.
Dagegen setzen wir Christen einen König, der sich aus Liebe kreuzigen lässt...
Ich stelle immer wieder fest, dass vielen Menschen Gedenktage sehr wichtig sind, oft im positiven Sinn als Erinnerung an schöne Erlebnisse, manchmal aber auch im negativen Sinn, dass jedes Jahr an bestimmten Tagen die Erinnerung an schlimme Dinge wieder hochkommt. Mir persönlich sind Gedenktage, selbst mein Geburtstag, sehr fremd, es erschließt sich mir einfach nicht, warum ich alle 365 Tage an etwas denken soll. Meine verstorbenen Eltern sind mir wichtig, ich denke oft an sie und bete für sie, aber das Datum ihres Todestages spielt für mich keine Rolle.
Ich weiß aber, dass das Zeitempfinden legitimerweise verschieden sein kann und es durchaus eine Form ist, immer wieder für Menschen zu beten, indem man sich an bestimmte Jahrestage erinnert. Trotzdem meine ich und möchte das vor allem denen sagen, die ganz Schlimmes erlebt haben: Die Geschichte ist kein Kreislauf, sondern ein Strahl, es geht in die Zukunft, auf die Wiederkunft Christi zu.
Das gestrige Evangelium - die Heilung eines Blinden vor Jericho - lädt dazu ein, die Worte des Blinden als eigene Worte nachzusprechen: „Herr, ich möchte sehen können.“ Sehr oft schaue ich in die Welt und sehe vor allem Streit, Unglück, Zerstörung und Sinnlosigkeit. Es ist manchmal schwer, bei all dem nicht die Hoffnung und den Glauben zu verlieren. Ich kann wie der Blinde Jesus nur immer wieder bitten, mir ein Sehen zu schenken, das nicht an der Oberfläche bleibt, sondern zu Lobpreis und Nachfolge führt. Nicht indem ich über das Schreckliche der Welt die rosarote Soße einer Pseudofrömmigkeit auskippe, sondern im Vertrauen auf das Wort, dass Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen wird, wozu gehört, dass er den Opfern Gerechtigkeit verschafft (vgl. 2Petr 3,13; Off 6,10; 21,1).