Blog von Schwester Christiana
Das Tagesgebet der vergangenen Woche lautet in der Übersetzung, die wir in Mariendonk verwenden:
„Gott, du läßt den Irrenden das Licht deiner Wahrheit leuchten, damit sie den Weg wieder finden, schenke allen, die sich als Christen bekennen, dass sie alles von sich weisen, was diesem Namen widerspricht, und eifrig erstreben, was ihm gemäß ist.“
Das ist ein Gebet, das man oft beten sollte - für sich selbst, für die eigene Gemeinschaft, für unsere Kirche und für alle Christen.
„Wir sind so geschaffen, dass unsere eigentliche Aufgabe darin besteht, kleiner zu werden, uns zurückzuziehen, hintanzusetzen, auf uns zu verzichten, damit Gott Gott sein kann. Wir schenken Gott unseren Raum. Und er macht sich unseres Geschenks bedürftig. Gott und Mensch schenken sich gegenseitig den Raum. Liebe ist gegenseitige Raum-Zusprache. Von daher erhalten auch kleine Gesten, wie jemandem den Vortritt lassen beim Betreten eines Raumes, ihren tiefsten Sinn“ (aus: E. Baer, Alles ist Preisen vom Ewigen her. Friedrich Weinrebs Gedanken über die Psalmen).
Immer wieder wird in unserer Gesellschaft gefordert, dass Frauen mindestens 30 %, eigentlich aber 50 % aller leitenden Posten einnehmen sollten, und dass man Unternehmen zwingen müsse, dafür zu sorgen. Ich bin keineswegs dagegen, dass mehr Frauen in Leitungsaufgaben kommen, ganz im Gegenteil, was mich stört, ist die implizite Wertung, dass Leitung auf jeden Fall besser ist als Dienst, dass ein DAX-Vorstandsmitglied mehr ist als eine Krankenschwester. Christlich ist das nicht, und gerade die Corona-Krise hat uns gelehrt, wie dringend wir Menschen brauchen, die anderen Dienste leisten, von Lastwagenfahrerinnen über Verkäufer bis zu Krankenpflegern und Ärztinnen.
Natürlich sollten Aufgaben nicht einfach durch die Geschlechtszugehörigkeit bestimmt werden, so dass Frauen unabhängig von ihren Begabungen dienen und Männer ebenfalls unabhängig von ihren Begabungen bestimmen, wo es lang geht. Aber es wird dabei bleiben, dass Frauen und Männer verschieden sind und dass Frauen im Durchschnitt (nicht unbedingt was die Einzelne betrifft!) eine andere Vorstellung von der sogenannten Work-Life-Balance haben und an anderen Tätigkeiten als Männer Freude haben. Das Problem ist nicht diese Verschiedenheit, sondern die falsche Wertigkeit in unserer Gesellschaft, die sich ganz brutal in der Bezahlung ausdrückt. Selbst Christen fällt es nach 2000 Jahren noch schwer, das Wort Jesu anzunehmen, der sagte: „Wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.“ - Das sage ich nicht als Vorwurf an irgendwen, ich erlebe es auch in unserer Gemeinschaft und ebenso an mir selbst.
Als ich zum Glauben zurückfand, war Kirche der Raum, in dem ich diesen Glauben leben konnte. Kirche hieß für mich vor allem Weite - in menschlicher, aber auch in intellektueller Hinsicht. Da ich in einem sehr säkularen Milieu aufgewachsen bin, habe ich das Mitleben in einer Pfarrgemeinde oder in einem katholischen Verein nie kennengelernt, auch alle Formen der sogenannten Volksfrömmigkeit sind mir fremd geblieben.ebenso die Kirche als Institution.
Kirche sind für mich die Menschen, die glauben, Eucharistie feiern, die Schrift lesen, beten, Gott loben. Mir ist klar, dass es auch die Institution geben muss, aber sie ist nicht das, was ich meine, wenn ich das Wort Kirche denke. Manchmal frage ich mich, ob man nicht zwei Worte braucht, damit man wieder ohne Irritation und ohne Zwang, innerlich ständig zu übersetzen, was der andere meint, miteinander sprechen kann.
„Wir sind nicht einsam, auch wenn es uns so vorkommt. Mögen auch wenige von denen, die jetzt leben, uns verstehen und uns recht geben, aber jene Scharen der Frühzeit, die gleich uns geglaubt, gelehrt und gebetet haben, leben jetzt bei Gott, und mit ihren vergangenen Taten und ihren gegenwärtigen Stimmen rufen sie vom Altar. Sie ermuntern uns durch ihr Beispiel und erfreuen uns durch ihre Gesellschaft; sie sind uns zur Rechten und zur Linken“ (J.H. Kardinal Newman).
„Wir sind nicht einsam, auch wenn es uns so vorkommt. Mögen auch wenige von denen, die jetzt leben, uns verstehen und uns recht geben, aber jene Scharen der Frühzeit, die gleich uns geglaubt, gelehrt und gebetet haben, leben jetzt bei Gott, und mit ihren vergangenen Taten und ihren gegenwärtigen Stimmen rufen sie vom Altar. Sie ermuntern uns durch ihr Beispiel und erfreuen uns durch ihre Gesellschaft; sie sind uns zur Rechten und zur Linken“ (J.H. Kardinal Newman).