Blog von Schwester Christiana
Wenn man zur Zeit die Nachrichten liest, kann man nur noch weinen. Selbst zu beten fällt schwer, denn worum soll man bitten? Am ehesten noch: „Die Sünder sollen von der Erde verschwinden, es soll keine Frevler mehr geben!“ (Ps 104,35). Aber vielleicht ist im Moment weinen sogar die biblisch richtigere Reaktion.
Wir sprechen heute oft von Evaluierung, alles und jedes muss evaluiert werden. Nun ist es ja tatsächlich nicht schlecht, sich hin und wieder zu fragen, ob das, was man macht, effektiv ist, und ob man es besser machen könnte. In der Verkündigung des Glaubens stößt diese Evaluierung allerdings an Grenzen, weil hier Gott im Spiel ist, der sich nicht evaluieren läßt. Jesus sendet seine Jünger vor sich her in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst gehen will (Lk 10,1). Auch jeder, der in der Kirche das Evangelium verkündet, kann und muss sich sagen, dass er nur die Vorhut ist. Nach ihm kommt er, Jesus Christus, und wirkt das Eigentliche. Dieses Wissen ist ungeheuer entlastend!
Noch ein Nachtrag zu meinem vorigen Blog: „Liturgie hat nicht den Sinn, uns schaudernd und ahnungsvoll mit dem Gefühl des Heiligen zu erfüllen, sondern uns mit dem schneidenden Schwert des Wortes Gottes zu konfrontieren; sie hat nicht den Sinn, uns den festlich-schönen Rahmen zu liefern für stille Einkehr und Besinnung, sondern uns einzufügen in das Wir der Kinder Gottes... Zu wissen, wie Gregor der Große es gehalten hat, ist wertvoll, aber kein zwingender Grund dass es heute wieder so sein müsse. Mit diesem Archaismus aber hat man sich doch vielfach den Sinn für das Legitime, das auch in späteren Entwicklungen liegt, verbaut und den Geschmack einer Periode dogmatisiert, der ehrwürdig ist, aber so wenig allein seligmachend wie irgend ein anderer Geschmack auch“ (Joseph Ratzinger, das neue Volk Gottes. Entwürfe zur Ekklesiologie, Düsseldorf 1972, 135-137).
Heute mal eine Eigenwerbung. Ich habe ein neues Buch geschrieben, es ist in gewisser Weise ein "Abfallprodukt" des großen Psalmenkommentars, an dem ich zusammen mit Schwester Theresia arbeite. Ich spare mir hier die Inhaltsangabe, sie finden weitere Informationen in unserem hier.
Das Manna muss man jeden Tag neu sammeln, sonst kommen Würmer heraus (vgl. Ex 16,19f). Unser Manna ist das Wort der Bibel. Man kann Kommentare zur Bibel lesen und wenn sie gut sind, sind sie eine Hilfe, aber kein Kommentar kann mir die eigene Schriftlesung ersetzen, die unter der Frage steht: Herr, was willst du heute sagen? Und: Was willst du mir ganz persönlich sagen? So sehr ich die Kirchenväter lieben, gilt das Gesagte auch für sie. Wir müssen die Tradition der Kirche rezipieren, um in der ganzen Fülle des Katholischen zu stehen und zusammen mit den Christen aller Zeiten zu glauben, aber das ist kein Ersatz für eine eigene lebendige Beziehung zu Christus.