Blog von Äbtissin Christiana Reemts
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In den letzten Wochen las ich von Rembert Weakland, „Leben zwischen Rissen. Erinnerungen eines Erzbischofs“. Weakland (1927-2022) war ein amerikanischer Benediktiner, Abt seines Klosters, Abtprimas der Benediktiner und schließlich Erzbischof von Milwaukee. Das Buch hat mich berührt aufgrund der Ehrlichkeit, mit der ein Mensch über sein eigenes Versagen spricht, einerseits in Bezug auf seine eigene Sexualität, dann aber auch im Umgang mit Mißbrauch in seiner Diözese. Nachdenklich gemacht haben mich seine Schilderungen der schwierigen Zusammenarbeit mit Rom unter Johannes Paul II., weil ich glaube, dass das Grundproblem bis heute ungelöst ist. Einerseits hat Weakland recht, wenn er schreibt, dass es ein Unding ist, eine Weltkirche zu leiten, indem alles von einer Zentrale aus entschieden wird, andererseits sehen wir heute deutlich, dass die Kirche zerfallen wird, wenn in jedem Land andere Regeln gelten. Es ist die alte Frage von Einheit und Verschiedenheit, die auch im winzigen Maßstab eines Klosters eine Rolle spielt und auch dort nicht immer leicht zu lösen ist.
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„Woher kennst du mich?“ (Joh 1,48). Wir alle wollen gekannt werden und sind dankbar, wenn wir spüren, dass es geschieht, denn erkannt werden bedeutet geliebt zu werden. Zugleich fliehen wir aber auch den Blick und die Liebe.
Je länger ich Äbtissin bin und je mehr ich in das Leben anderer hineinschaue, umso deutlicher wird mir, dass es in (fast) jeder Familie eine Leiche im Keller gibt, in jedem Leben dunkle Winkel, wo Reue, Scham und Schuld hausen. Am gesündesten sind die, die den fremden Blick zulassen können, weil sie das Vertrauen haben geliebt zu werden. Aber es muss nicht immer der menschliche Blick sein, man muss nicht alles „outen“, oft genügt der Blick Gottes, der uns unverhofft trifft, so dass wir erschreckt fragen: „Woher kennst du mich?“
Je länger ich Äbtissin bin und je mehr ich in das Leben anderer hineinschaue, umso deutlicher wird mir, dass es in (fast) jeder Familie eine Leiche im Keller gibt, in jedem Leben dunkle Winkel, wo Reue, Scham und Schuld hausen. Am gesündesten sind die, die den fremden Blick zulassen können, weil sie das Vertrauen haben geliebt zu werden. Aber es muss nicht immer der menschliche Blick sein, man muss nicht alles „outen“, oft genügt der Blick Gottes, der uns unverhofft trifft, so dass wir erschreckt fragen: „Woher kennst du mich?“
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„Man ist sein Leben lang verantwortlich für das, was man sich vertraut gemacht hat“ (Saint-Exupery). Ja, das ist so und deshalb stellt sich irgendwann nicht mehr die Frage, ob man mit anderen Menschen / mit einem anderen Menschen glücklicher wäre. Hier, wo ich bin, ist der Bereich meiner Verantwortung, meiner Treue, hier gibt es Menschen, die auf mich bauen, die mit mir rechnen. Das ist ein Halt, auch wenn schwierige Zeiten kommen.
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C.S.Lewis schreibt in einem Brief mit leichter Spitze gegen die Psychologie:
„Nicht das zu bekommen - oder, schlimmer noch, nicht das zu sein -, was man will, ist keine Krankheit, die heilbar wäre, sondern der Normalzustand des Menschen. Sich schuldig zu fühlen, wenn man es ist, und die eigene moralische und intellektuelle Unzulänglichkeit zu erkennen - und das nicht ohne Schmerz -, ist keine Krankheit, sondern gesunder Menschenverstand. Zu entdecken, dass die eigenen Emotionen nicht 'bei Fuß stehen' und sich nicht als stabile Empfindungen in dauernder Übereinstimmung mit den eigenen Überzeugungen aufstellen, das sind schlicht die Umstände dessen, dass man ein gefallener und noch unvollkommen erlöster Mensch ist.“
„Nicht das zu bekommen - oder, schlimmer noch, nicht das zu sein -, was man will, ist keine Krankheit, die heilbar wäre, sondern der Normalzustand des Menschen. Sich schuldig zu fühlen, wenn man es ist, und die eigene moralische und intellektuelle Unzulänglichkeit zu erkennen - und das nicht ohne Schmerz -, ist keine Krankheit, sondern gesunder Menschenverstand. Zu entdecken, dass die eigenen Emotionen nicht 'bei Fuß stehen' und sich nicht als stabile Empfindungen in dauernder Übereinstimmung mit den eigenen Überzeugungen aufstellen, das sind schlicht die Umstände dessen, dass man ein gefallener und noch unvollkommen erlöster Mensch ist.“
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Es gab Stimmen, die die Predigt von Papst Franziskus bei der Beerdigung seines Vorgängers zu blaß fanden und sich gewünscht hätten, er wäre mehr auf die Verdienste Benedikts eingegangen. Ich sehe das nicht so, denn die Kirche ist keine Firma, die ihren verstorbenen Seniorchef in einem Nachruf anerkennende Worte widmet, sondern Leib Christi, in dem aller Lobpreis dem Herrn gebührt. Ich bin überzeugt, Benedikt hat sich gefreut, dass es keine Laudatio gab, sondern eine Meditation über die Worte Christi am Kreuz: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist“.
Papst Franziskus sagte: „Wir möchten in seine Fußstapfen treten und unseren Bruder den Händen des Vaters anvertrauen: Mögen diese Hände der Barmherzigkeit seine mit dem Öl des Evangeliums brennende Lampe vorfinden, das er während seines Lebens verbreitet und bezeugt hat (vgl. Mt 25,6-7)... Wie im Evangelium die Frauen am Grab, so sind wir hier mit dem Wohlgeruch der Dankbarkeit und der Salbung der Hoffnung, um ihm noch einmal die Liebe zu erweisen, die nicht vergeht; wir wollen dies mit derselben Salbung und Weisheit, mit demselben Feingefühl und derselben Hingabe tun, die er uns im Laufe der Jahre zu schenken wusste. Wir wollen gemeinsam sagen: 'Vater, in deine Hände übergeben wir seinen Geist.' Benedikt, du treuer Freund des Bräutigams, möge deine Freude vollkommen sein, wenn du seine Stimme endgültig und für immer hörst!“
Papst Franziskus sagte: „Wir möchten in seine Fußstapfen treten und unseren Bruder den Händen des Vaters anvertrauen: Mögen diese Hände der Barmherzigkeit seine mit dem Öl des Evangeliums brennende Lampe vorfinden, das er während seines Lebens verbreitet und bezeugt hat (vgl. Mt 25,6-7)... Wie im Evangelium die Frauen am Grab, so sind wir hier mit dem Wohlgeruch der Dankbarkeit und der Salbung der Hoffnung, um ihm noch einmal die Liebe zu erweisen, die nicht vergeht; wir wollen dies mit derselben Salbung und Weisheit, mit demselben Feingefühl und derselben Hingabe tun, die er uns im Laufe der Jahre zu schenken wusste. Wir wollen gemeinsam sagen: 'Vater, in deine Hände übergeben wir seinen Geist.' Benedikt, du treuer Freund des Bräutigams, möge deine Freude vollkommen sein, wenn du seine Stimme endgültig und für immer hörst!“